Laufen im Wald ist befreiend, laufen im Wald macht stark, laufen im Wald gibt Sauerstoff, Laufen im Wald verbrennt Kalorien, Laufen im Wald macht die Unendlichkeit bewusst, Laufen im Wald macht den Kopf frei, Laufen im Wald stärkt die Kondition, Laufen im Wald zeigt die Schönheit und Wandelbarkeit der Natur …
Laufen im Wald macht manchmal Angst.
Man läuft so vor sich hin, Waldweg im Grünen, links und rechts vom Gebüsch begrenzt, weit weg von zu Hause, weit weg von Zivilisation und genießt die Einsamkeit, freut sich, dass sich nicht viele hier „verlaufen“. Und plötzlich …
Ein Geruch, ein Geräusch… Irgendwas ist anders. Und dann fallen einem alle Dinge ein, die man jemals gelesen hat… Joggerin im Wald vergewaltigt und ermordet… Von Spaziergang nie zurück gekehrt… (Der Angst ins Auge gesehen vor ein paar Jahren als morgens um 6 Uhr auf der Bank vor der idyllisch gelegenen Schutzhütte ein Mann liegt, unregelmäßig abrasierte Haare, ein Rucksack – zu groß für eine Tageswanderung, zu klein für Trekking… Ein Entlaufener? Aber das ist eine andere Geschichte.)
Oder auch eine kurze ins Hirn gebrannte Sequenz aus einem spannenden Roman von Elisabeth Herrmann. („Das Dorf der Mörder“) Als die Wildschweine sich genüsslich über den wehrlosen Menschen her machen…
Zugegeben: Meine größte Angst im Wald ist es, einem Wildschwein zu begegnen.
Meine Lieblingsstrecke ist wunderschön. Schmale steinige Wege an einem kleinen glucksenden Bach entlang. Mitten im Wald, halbhoch am Berg, selten durchbrochen von lichten Wiesen. Etwa die Hälfte des 10-km-langen Weges führt leicht bergauf, die zweite Hälfte auf breiterem Weg dnn wieder ins Tal. Auf dieser zweiten Hälfte kann man auch mal joggen.
Rotzelnd und bauchgluckernd (vor dem Frühstück!) joggte ich nun fröhlich und in Gedanken versunken meinen Weg dahin.
Plötzlich ein Grunzen, dass mich fragen lässt, ob das nun Nase oder Magen war… und vor mir, rechts des Weges ein Wildschwein!
Oh Schreck! Abgesehen von den irritierend lebendigen Erinnerungen an „Das Dorf der Mörder“ rattert in meinem Kopf auch ein umfassendes Internet-Lexikon ab…
Dann wird dem Eindringling erst einmal heftigst gedroht. Diese akustischen Drohgebärde, welche wie ein Schnauben klingt, nennt man auch blasen. Sollte der Störenfried diese Warnung nicht verstehen, kann in der Tat eine „Wildschweinattacke“ bevorstehen. Bei einem ausgewachsenen Keiler kann dies auf Grund seiner großen Waffen und Hauer zu schweren Schnittverletzungen führen, die lebensbedrohliche Ausmaße annehmen können!
(http://www.wildschweine.net/05gefahren1.htm)
Das war es! Was ich gehört habe, war kein Grunzen und kein Knurren, es war eine akustische Drohgebärde!
Die unteren Eckzähne des Männchens können in Ausnahmefällen eine Länge von bis zu 30 cm erreichen. Bei normalen ausgewachsenen Männchen haben sie in der Regel eine Länge von 20 cm, von denen aber selten mehr als 10 cm aus dem Kiefer ragen. Die beim Männchen nach oben gekrümmten Eckzähne des Oberkiefers sind wesentlich kürzer.
(www.wikipedia.de)
Oh ja!
Gewicht Wildschweine: Männliche Wildschweine nennt man Keiler, weibliche Bachen und die Wildschweinkinder Frischlinge. Keiler sind meist größer und kräftiger als Bachen. Ein Keiler kann bis zu 200 kg, in Ausnahmefällen auch mal 300 kg, schwer werden. Eine ausgewachsene Bache wiegt um die 150 kg. Wildschweine sind damit die schwersten mir bekannten Tiere in Deutschland (von vereinzelten vorkommenden Elchen, Braunbären und Meeressäugern abgesehen). Ein angreifendes Wildschwein kann auch für Menschen gefährlich sein.
Ach du scheiße!
Größe Wildschweine: Keiler sind etwa 150 bis 180 lang (Hinterbeine bis Kopf), Bachen im Durchschnitt um 15 cm kürzer. Die Schulterhöhe beträgt selten über einen Meter, typischerweise sind es um die 80 cm.
(www.heimische-tiere.de)
Und nun?
Noch ein Schnauben und das Wildschwein dreht sich weg und läuft ein paar Meter in die Wiese hinein. Und was mache ich? Instinktiv gehe ich langsam weiter. Ehrlich gesagt sieht so ein Tier auch deutlich eleganter aus beim Joggen als ich… Noch ein weiterer Blick und eine Drehnung in meine Richtung und ich bin wohl für ungefährlich befunden worden. Langsam gehe ich meinen Weg, nicht ohne links und rechts in den Wald zu schauen, was da wohl noch so lauert.
Nun hatte ich es hinter mir. Die erste Begegnung mit einem Wildschein. Die Erfüllung meiner größten Angst im Wald. Und war es schlimm? NEIN!
Wie schon so oft festgestellt: Die meisten Ängste sind grob überschätzt.
Morgen gehe ich trotzdem eine Stunde später los.